Alles zur Jubiläumsausgabe unseres beliebten Festivals im Festival
Mehr erfahrenLucerne Festival spielt nicht bloss im KKL Luzern, sondern auch «in den Strassen». Zum 20. Mal bringt unsere kleine, aber feine Weltmusikwoche die ganze Stadt zum Klingen: mit Open-Air-Auftritten internationaler Gruppen, die ein vielstimmiges Panorama an Musik präsentieren und zum Bummel durch Luzerns Altstadtgassen einladen. Am Dienstag, dem 26. August, geht’s los. Wir haben vorab mit Hugo Faas gesprochen, der das Strassen-Festival für Lucerne Festival plant und durchführt.
Herr Faas, Sie sind seit Anfang an dabei bei «In den Strassen», haben diesen Anlass 2006 mit ins Leben gerufen. Wie kam es damals zur Idee eines solchen Festivals im Festival – noch dazu mit Musik, die ja nicht unbedingt zum «Markenkern» von Lucerne Festival gehört?
Es gab damals Kritik am Festival: Es wende sich nur an gut situierte Leute, Normalsterbliche könnten sich die Ticketpreise nicht leisten. Daraufhin bat mich Michael Haefliger, dessen Tochter für die Weltmusik schwärmte, eine Veranstaltung nach dem Prinzip der Buskers-Festivals in Bern und Neuchâtel zu entwickeln. Das heisst: Wir laden die Gruppen ein und tragen die Unkosten, also Transport, Übernachtung und Verpflegung. Ihre Gage erspielen sich die Künstler*innen aber selbst per Hutkollekte (und neuerdings auch Twint-Spende).
Was zeichnet «In den Strassen» aus? Was macht diese Veranstaltung unverwechselbar?
Zusammen mit Bern und Neuchâtel war Luzern eines der ersten Strassenmusik-Festivals in der Schweiz. Aber während sich das in Bern und Neuchâtel über die Jahre zu einem Stadtfest entwickelt hat, mit vielen kulinarischen Ständen und anderen Angeboten, konzentrieren wir uns weiterhin ganz auf die Musik. Unser treues, offenes Publikum kommt wegen der Musik zum Festival: Es will neue Bands und ungewohnte Klänge kennenlernen. Und wir präsentieren auch wirklich Musikgruppen aus allen Teilen der Welt – in diesem Sommer zum Beispiel erstmals ein Duo aus Malawi. Dabei reicht die Bandbreite von ganz intimen Darbietungen bis zu fast ekstatischen Momenten. Ich habe immer auf einen spannenden Mix geachtet, der die Neugier weckt, aber auch tanzbare Musik umfasst.
Wenn Sie die vergangenen 19 Ausgaben Revue passieren lassen: Was waren Ihre persönlichen Highlights?
Ich hatte glücklicherweise immer eine gute Hand bei der Auswahl der Gruppen. Insofern kann ich keinen besonders herausragenden Jahrgang benennen – und das scheint mir viel erfreulicher, als ein spezielles Highlight herauszustellen. Auch in diesem Sommer bin ich auf alle Künstler*innen neugierig. Ganz besonders vielleicht auf das neue Vokalprojekt von Claudia Masika, denn das feiert in Luzern seine Premiere.
Sicherlich galt es in dieser langen Zeit auch schwierige Situationen zu meistern?
Kleinere Schwierigkeiten gab es immer, etwa die Bewilligungen seitens der Stadt zu erhalten angesichts von Klagen einiger Anwohner*innen. Wir haben jedoch immer den Ausgleich gesucht und alle früh informiert. Meist sorgten denn auch «Trittbrettfahrergruppen» für Ärger, die gar nicht Teil unseres Festivals waren – weil sie sich nicht an die Regeln hielten und zum Beispiel viel länger spielten. Die anliegenden Geschäfte und Läden mögen zu Beginn etwas skeptisch gewesen sein, sind aber mittlerweile mit Freude dabei.
Gab es über die Jahre Veränderungen bei Auswahl und Präsentation der Musikgruppen? Mir scheint, dass man in der Weltmusikszene früher stärker auf die «exotischen» Reize einzelner Musikkulturen abzielte, während sich heute alles viel stärker durchmischt?
Das stimmt. Und das liegt auch daran, dass es heute überall Internet gibt, dass man also an jedem Ort mit ganz unterschiedlicher Musik in Kontakt kommen kann, auch in Malawi. Wenn es in den Anfangsjahren des Festivals zu einem Austausch zwischen den Gruppen kam, wurde das als kleine Sensation wahrgenommen. Heute ist es eine Selbstverständlichkeit. Das «Exotische» herauszustellen, war aber ohnehin nie mein Ziel. Mir ging es immer um die Reichhaltigkeit der Musik. Lieber als von «Weltmusik» spreche ich deshalb von «Musik aus den verschiedenen Kulturen der Welt».
Und das Publikum: Hat sich das über die Jahre verändert?
Es ist älter geworden, es sind einige Jahre lang weniger junge Menschen dazugestossen. Wobei sich das in der Weltmusikszene gerade ändert: Es gibt wieder mehr junge Gruppen, und mit denen können sich wiederum jüngere Zuhörer*innen identifizieren.
Einige Künstler*innen waren regelmässig zu Gast, teils in unterschiedlichen Formationen: Haben sich über die Jahre enge Beziehungen entwickelt?
Natürlich. Claudia Masika oder die neapolitanische Frauengruppe Assurd sind hier zu nennen. Wobei wir immer darauf geachtet haben, dass sie bei Wiedereinladung in einer anderen Besetzung bzw. mit einem anderen Programm kommen. Unser Festival hat einen sehr guten Ruf. Die Musiker*innen können hier eine Woche lang auftreten, sie sind gut untergebracht, die äusseren Bedingungen stimmen. Deshalb möchten alle gerne wiederkommen: Das ist das schönste Kompliment!
Seit dem Sommer 2022 besuchen ausgewählte Gruppen des jeweiligen Festival-Jahrgangs auch Luzerner Schulhäuser und treten dort auf. Wie kommt dieses Angebot an?
Das kommt gut an. Lucerne Festival hat sich ja den Auftrag gegeben, die junge Generation für die Musik zu begeistern. Deshalb bringt es junge klassische Musiker*innen aus dem Festivalprogramm in die Schulen, aber auch Weltmusik. Weltmusik ist einfach sehr kommunikativ, es gibt Raum für Improvisiertes und Spontanes, und die Künstler*innen haben wirklich Freude, für die jungen Menschen zu spielen. In vielen Teilen der Welt ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Kinder und Jugendliche dazugehören zum Musikleben.
Das Interview führte Malte Lohmann.
«In den Strassen» findet in diesem Sommer vom 26. bis 31. August statt, immer abends ab 18.00 Uhr, am Wochenende auch tagsüber. Ein Eröffnungs- und ein Abschlusskonzert vor dem KKL Luzern rahmen die mehr als 80 Open-Air-Auftritte in der Luzerner Altstadt.